Österreichisches Expert_innen- und Vernetzungstreffen zur römischen Kulturlandschaft in der Donauregion
Am 5. November 2025 veranstaltete das Zentrum für Kulturgüterschutz der Universität für Weiterbildung Krems ein Expert_innen- und Vernetzungstreffen, das dem römischen Kulturerbe der Donauregion im Rahmen von Roman Trails und seinem Synergieprojekt ROMAN LEGACY gewidmet war. Die Veranstaltung brachte Fachleute aus den Bereichen Denkmalpflege, Tourismus, Forschung und Kulturmanagement aus Österreich zusammen, um die Bedeutung des römischen Donaulimes – Teil des UNESCO-Welterbes „Frontiers of the Roman Empire“ – zu beleuchten und das spannende Thema der römischen Präsenz nördlich der Donau in den Mittelpunkt zu rücken.
Historische Einblicke und neue Perspektiven
Die Vormittagssession bot fundierte Einblicke in die historischen und archäologischen Rahmenbedingungen: von den Grenzen des Römischen Reiches und der Welterbe-Verwaltung bis hin zu den komplexen Interaktionen zwischen Römern und germanischen Stämmen im heutigen Niederösterreich.
Dr. Stefan Groh vom Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das als Assoziierter Partner das Projekt Roman Trails unterstützt, gewährte in seinem Vortrag faszinierende Einblicke in die provinzialrömischen Untersuchungen zur außergewöhnlichen Forschungsregion des niederösterreichischen Weinviertels. Im Zentrum standen archäologische Spuren einer Grenz- und Kontaktzone von herausragender historischer Bedeutung, deren Erforschung wertvolle Einblicke in die komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem Römischen Reich und den nördlich angrenzenden germanischen Siedlungsgebieten liefert.
Das Weinviertel – insbesondere der Raum entlang der March sowie das angrenzende mährische Gebiet – bildete in der Antike eine bedeutende Schnittstelle zwischen germanischen Stämmen und dem Imperium Romanum. Obwohl die Region jenseits der römischen Außengrenze, des sogenannten Donaulimes, lag, lassen sich Handelskontakte in Friedenszeiten nachweisen.
Zugleich war das Gebiet Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen, etwa während der Markomannenkriege im 2. Jahrhundert n. Chr. Nach den Einfällen germanischer Stämme in das Römische Reich, stießen römische Truppen in Gegenoffensiven entlang der March nach Norden vor und errichteten temporäre Marschlager auf ihren Vormarschrouten. Diese nur kurzzeitig genutzten Lager hinterließen kaum sichtbare Spuren im Boden, weshalb das Bewusstsein für dieses außergewöhnliche historische Erbe bis heute gering ist – zugleich birgt es enormes Potenzial für innovative Formen der Kulturvermittlung und eine nachhaltige regionale Entwicklung.
Ein zentrales Anliegen von Roman Trails ist die differenzierte Darstellung römischer Rollenbilder – weg vom Stereotyp des männlichen Soldaten hin zu vielfältigen Perspektiven, einschließlich weiblicher Rollen und der Einbindung lokaler Bevölkerungsgruppen wie Kelten und Germanen.
Strategien für nachhaltigen Kulturtourismus
Am Nachmittag präsentierte Projektleiterin Raffaela Woller die Projekte Roman Trails und das Interreg DRP Synergieprojekt ROMAN LEGACY im Detail. Beide verfolgen das gemeinsame Ziel, das Potenzial des römischen Erbes durch nachhaltige Tourismusstrategien, Netzwerkbildung und innovative digitale Werkzeuge zu erschließen. Besonderer Fokus: die Entwicklung grüner, nachhaltig betreibbarer Tourismusrouten – von Weitwanderwegen bis zu Radstrecken –, die römische Geschichte mit Naturerbe und regionaler Gastronomie verbinden. So entsteht ein ganzheitliches touristisches Angebot, das Geschichte, Natur und Kulinarik vereint.
Kooperation und Wissenstransfer
In interaktiven Breakout-Sessions diskutierten die Teilnehmenden Ansätze für die Zusammenarbeit - mit Blick auf Innovation, Wissenstransfer und regionale Kooperation.
Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die maßgeblichen Stakeholder vor Ort eingebunden und bestehende Infrastrukturen gezielt genutzt werden können, um das römische Erbe als identitätsstiftenden Bestandteil der Region zu positionieren. Dabei wurde diskutiert, wie sich die heutige Identität des Weinviertels mit der historischen Dimension in der geplanten Roman Trails-Storyline verbinden lässt – um so Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf sinnvolle Weise miteinander zu verknüpfen.
Diese Impulse bilden die Grundlage für die weitere Strategieentwicklung, die in den kommenden Monaten in Österreich und Tschechien durch lokale und grenzüberschreitende Expert_innenrunden vertieft wird.
Mit diesem Treffen wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, um die römische Kulturlandschaft nördlich der Donau als attraktives, nachhaltiges und vielfältiges touristisches Angebot sichtbar zu machen – und damit Geschichte lebendig werden zu lassen.
📷 Michaela Kukula
